Energy Harvesting: Versorgung eines Funkschalters
Drahtlose Sensorlösungen für die Zukunft
Als Energy Harvesting wird die Gewinnung kleiner Mengen von elektrischer Energie aus Quellen wie Umgebungslicht, Temperaturgefälle, Vibrationen oder elektromagnetischer Strahlung bezeichnet. Moderne Ultra-Low-Power-Technologie erlaubt es, aus dieser - in homöopathisch bemessenen Dosen zur Verfügung gestellten - Energie, Geräte autark zu betreiben. Alltagsgegenstände dieser Gattung sind Taschenrechner und Uhren, die sich aus einer Solarzelle versorgen. Unglücklicherweise ist das “Energieformat”, das Harvester liefern, in der Regel zum Betrieb von Elektronik wenig brauchbar: Mal ist die Spannung zu niedrig, mal ist sie zu hoch, mal ist es eine wie auch immer geartete Wechselspannung. Dieser Beitrag zeigt, wie eine drahtlose Sensor-Lösung - in diesem Fall ein Schalter mit sehr geringem Stromverbrauch - aus variablen Spannungs- und Stromzuständen mit Energie versorgt werden kann.
Das Ziel ist, ein Licht einzuschalten, ohne dass ein Kabel zwischen Schalter und Leuchte verlegt werden muss. Diese Ein/Aus-Information soll per Funk übertragen werden. Es ist nicht bekannt, welches Bauelement dafür vorgesehen ist. Bekannt ist aber, dass es eine Versorgungsspannung von 1,8 V benötigt.
Als Energy Harvester kommt der Schalter AFIG aus dem Hause ZF (Bild 1) zum Einsatz, der in einer Endanwendung seine Funktion per Bluetooth 5 (RSL10 SIP von onsemi) signalisieren kann.
Das Harvesting-Prinzip zeigt Bild 2. Bei Betätigung des Schalters wird ein Permanentmagnet bewegt, der eine Feldänderung in den Spulen und damit einen Stromfluss erzeugt. Der elektrische Energieertrag eines Schaltvorgangs beträgt bei einer Last von 100 Ω etwa 0,33 mWs, die Spitzenspannung liegt zwischen 6 V und 15 V.
Abbildung 2
Bei Betätigung des Schalters wird ein Permanentmagnet bewegt, der eine Feldänderung in den Spulen und damit einen Stromfluss erzeugt.
Bild 3 zeigt die Signalformen der Harvester-Ausgangsspannung an den verschiedenen Stufen des Power- Managements. Der Schalter gibt bei einem Schaltvorgang eine Wechselspannung aus. Damit kann eine Steuerund Sende-Elektronik aber nicht arbeiten. Mit Hilfe einer Diode wird als nächstes eine pulsierende positive Spannung erzeugt. Eine Kapazität glättet diese Wellenform und liefert den Spannungsverlauf c). Diese Spannung ist für den Betrieb eines Sende/Empfangs-Chips immer noch nicht brauchbar.
Drahtlose Sensor-Lösungen mit sehr geringem Stromverbrauch benötigen aufgrund der variablen Spannungsund Stromzustände eine Energieverwaltung. Dieses Bauteil wandelt die angelieferten ungeregelten Spannungen und Ströme in geregelte elektrische Energie um, die gespeichert werden kann. Es kann auch Energie (wie in diesem Beispiel) an die Systemlast mit der richtigen Spannung durchreichen. Typischerweise enthält der Power- Management-Chip Schaltungen zum Schutz sowohl der Last als auch der eventuell vorhandenen Energiespeicher.
In diesem Beispiel kommt als Gleichspannungswandler der TPS62125 zum Einsatz. Es ist ein Abwärtswandler von Texas Instruments, der die beispielhaften 1,8 V für den Betrieb des Funkteils erzeugt.
Abbildung 3
Die Signalformen der Harvester-Ausgangsspannung an den verschiedenen Stufen des Power-Managements.
Das Bauteil hat einen weiten Eingangsspannungsbereich von bis zu 17 V und arbeitet mit einem Ruhestrom oder IQ von etwa 11 μA. Letztere ist eine wichtige Größe, weil sie den Stromanteil angibt, der für die “Nutzelektronik” nicht zur Verfügung steht.
Ein besonderes Merkmal des 62125 ist eine Eingangsspannungs-Überwachung in Form eines Fensterkomparators, der das Bauteil ein- oder ausschaltet. Dieser sogenannte SVS (Supply Voltage Supervisor) ist in Energy-Harvesting- Anwendungen wichtig, um einen zuverlässigen und sauberen Start der Spannungswandlung zu gewährleisten. Beim TPS 62125 sind die Ein- und Ausschaltspannung des Komparators mit Widerständen einstellbar. Wenn also die Eingangsspannung nach dem Bewegen des Lichtschalters ansteigt, gelangt sie an die Schwelle, an der der DC/DC-Wandler einschaltet und die Ausgangsspannung zu steigen beginnt. Der Wandler stellt eine stabile Ausgangsspannung bereit, solange die Eingangsspannung nicht die untere Schaltschwelle (die Ausschaltschwelle) erreicht hat.
Es wird immer ein gewisser Einschaltstrom gezogen, wenn der Konverter gestartet wird. Und das führt zu einem Einbruch der Eingangsspannung, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht die gesamte Energie “geerntet” wurde. Es kann zu Problemen mit dem ordnungsgemäßen Start des Gleichspannungswandlers kommen. Dies wird vermieden, wenn die Kapazität im Versorgungspfad geladen ist.
Abbildung 4
Eingangsspannungs-Überwachung des DC/DC-Wandlers in Form eines Fensterkomparators, der das Bauteil ein- oder ausschaltet.
Den TPS62125 einstellen
Bild 5 zeigt eine typische Applikation des TPS62125. Es ist eine Ausgangsspannung von 3,3 V eingestellt und der Fensterkomparator ist nicht konfiguriert. Die Ausgangsspannung wird mit dem Spannungsteiler R1 und R2 programmiert, Tabelle 1 listet die Widerstandswerte für ausgewählte Spannungen auf.
Output Voltage | 1,2 V | 1,8 V | 3,3 V | 5 V | 6,7 V | 8 V |
R1 (kΩ) | 180 | 300 | 1800 | 1100 | 1475 | 1800 |
R2 (kΩ) | 360 | 240 | 576 | 210 | 200 | 200 |
Abbildung 5
Bild 5. Typische Applikation des TPS62125 (links). Es ist eine Ausgangsspannung von 3,3V eingestellt und der Fensterkomparator ist nicht konfiguriert. Der Fensterkomparator wird mit drei Widerständen eingestellt (rechts).
Bilder: Texas Instruments
Wer selbst Hand anlegen möchte, hier die Formeln:
Der Eingangsspannungspegel VIN_startup, bei dem der Wandler anläuft, kann durch die Widerstände REN1 und REN2 festgelegt und berechnet werden durch:
Die Widerstandswerte REN1 und REN2 ergeben sich aus:
Das Ausschalt-Level, ab dem der Wandler seine Arbeit einstellt, wird mit den Widerständen REN1, REN2 und REN hys bestimmt:
Wobei REN hys sich wie folgt ergibt:
Der Strom durch die Widerstände REN1, REN2 und REN hys sollte größer als 1 μA sein. In Anwendungen, in denen der Wandler über den gesamten Temperaturbereich betrieben wird, können die Widerstandswerte auf kleinere Werte reduziert werden.